Nach langer Nachtfahrt und übermüdet kehrten am 3. November 2023 nach fünftägigem Aufenthalt 31 Gesamtschüler der 10. Jahrgangsstufe nach Rödinghausen zurück. Hinter ihnen liegt eine bunte und zutiefst bewegende Begegnung mit polnisch-deutscher Erinnerungskultur in Krakau und Auschwitz. „Krakau zählt zu den schönsten Städten Polens“, meint Christina Welzel, die zusammen mit ihrem Kollegen Christian Scholle die Fahrt begleitete. „Ich habe nicht damit gerechnet, dass es hier so schön ist”, äußerten viele der teilnehmenden Schüler und erkundeten am ersten Tag – teils selbstständig, teils im Rahmen einer Führung – voller Neugier und bei gutem Wetter verschiedene kulturelle und historische Sehenswürdigkeiten Krakaus, wie z. B. den Wawel oder auch das ehemalige jüdische Viertel Kazimierz.
„Gleichzeitig“, so Geschichtslehrer Christian Scholle, „sind in Auschwitz und im Krakauer Ghetto über eine Million Juden im deutschen Auftrag ermordet worden. Unsere Begegnungen in Polen waren oft auch an der Grenze des Erträglichen.“
Die sich auf dem ehemaligen Konzentrationslager befindliche Gedenkstätte war daher an den Folgetagen auch zentraler Anlaufpunkt der Schülergruppe. Neben den Orten der Ermordung, die nur noch zum Teil sichtbar sind, konnten die Jugendlichen auch das ehemalige Stammlager besuchen, in denen viele jüdische Häftlinge noch wochenlang vegetieren mussten, bis sie umgebracht wurden. Besonders die Größe des Lagerkomplexes und die dahinter liegende erkennbare logistische Aufteilung zur Optimierung des Vernichtungsprozesses wurde vielen Schülern erst vor Ort so richtig bewusst. Ein Thema, das die Schüler besonders interessierte und sichtlich berührte, war das Schicksal der Kinder und Jugendlichen im Konzentrationslager. Im Rahmen eines Workshops konnten die Schüler hierzu ihr Wissen erweitern und weitere Erkenntnisse sammeln.
Auch im benachbarten Krakau trieben die Deutschen ihr Unwesen. „Bekannt ist Oskar Schindler aus dem Film Schindlers Liste, der über tausend jüdischen Arbeitern das Leben retten konnte“, weiß Christina Welzel zu berichten. Dass er seine Arbeiter aus dem abgeriegelten Krakauer Getto zu sich schleusen konnte, rettete ihnen das Leben, da bei dessen Räumung und bei der sich anschließenden Deportation nach Auschwitz fast alle ehemaligen Einwohner ihr Leben verloren. Daher stand am letzten Tag, neben einem Rundgang um und durch das ehemalige Krakauer Getto, auch ein Besuch in der ehemaligen Schindlerfabrik an; ein Ort, der heute als Museum betrieben wird und neben einer sehr anschaulichen Darstellung der deutschen Besatzung Krakaus und den damit verbundenen enormen Leid für die Einwohner die mutigen Taten Oskar Schindlers würdigt.
Beeindruckt von der Schönheit und Vielfalt Krakaus, aber vor allem erschüttert und „zutiefst berührt“ ob der sehr eindrücklichen und bewegenden Erfahrungen, zeigten sich die Rödinghauser Schüler, mit denen sie zurück nach Ostwestfalen fuhren. Und obwohl das Thema einen großen Raum im Gesellschaftslehreunterricht einnimmt, wurde das unermessliche Ausmaß des Leidens der jüdischen Bürger sowie die kalte logistische Planung und Industrialisierung dieses von Deutschen begangenen Menschheitsverbrechen ihnen erst vor Ort in Ansätzen greifbar.




